
Andacht
zur Jahreslosung 2024 aus 1.Kor 16,14
„Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Ein großes Herz prangt auf den neuen Jahreslosungskarten der Diakonie Erzgebirge. Herzen als Symbole nehmen seit einigen Jahren beinah überhand. Wer mit dem Handy oft hantiert, der kennt das kleine Herz am unteren Bildrand bei Instagram. Wenn man eine Sache gut findet, liket man sie. (neudeutsch) Manch einer sammelt diese Herzen, wie Pluspunkte- je mehr, desto besser. Das Herz als Symbol ist nicht mehr das, was es früher einmal war.
In meiner Jugend hatte ein gemaltes oder geschriebenes Herz eine sehr große Bedeutung. Man schickte ein Herz auch nicht einfach irgendjemand. Das Herz schickte man nur dem, den man wirklich liebte. Und wenn ich von jemandem ein Herz bekam, so war das mehr als nur ein Pluspunkt. Mehrere Herzen waren gar nicht möglich, oder sie brachten mich in eine echte Not- welches der Herzen sollte ich annehmen, welches ablehnen.
Nun ist aber hier auf unserer Jahreslosungskarte nicht nur ein Herz zu sehen. Was können Sie/ könnt ihr noch entdecken? (Hand, Buch, Taube, Licht und Schatten, Häuser, Landschaft, Himmel, Bewegung Strudel. Weiße Punkte, Farben der Diakonie)
„Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Fürs erste klingt dieser Satz selbst auch inflationär. Alles, was ihr tut: Essen, reden schlafen, Auto fahren, zocken, arbeiten… Kann der Beweggrund all meines Handelns wirklich Liebe sein? Und ist das miteinander zu vereinbaren- die Liebe zum anderen- die Liebe zu mir selber. Reib ich mich da nicht auf, wenn ich mir dieses hohe Ziel stecke?
Die Jahreslosung aus den Schlussätzen des 1. Korintherbriefes fasst zusammen, was Paulus in diesem Brief sagen will. Eine ganz bekannte Stelle ist das Kapitel 13 des 1. Korintherbriefes
„wenn ich mit Menschen und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir‘s nichts nütze.“
„alles was ihr tut“ hier wird allerhand aufgezählt was Menschen tun: - flammende Reden halten womit sie Andere begeistern, viel Wissen und Können sich aneignen und anwenden, freigiebig sein und alles verschenken, was man besitzt, ja sich sogar selber aufopfern.
Ich habe mich gefragt, ob man dies alles überhaupt ohne Liebe tun kann. Letztes Jahr habe ich einen Seelsorgekurs gemacht. Eine der wichtigsten Übungen dieses Kurses war, dass man sich selbst seiner Gefühle bewusstwurde. Das war für mich eine ganz schwere Übung.
Alle Handlungen, vor allem alles was ich gesagt habe, wurde hinterfragt- warum sagst du das? Was ist dein Antrieb?
Ich habe bei dieser Übung gemerkt, dass sogar mein Einsatz für andere egoistische Hintergründe haben kann- also eben nicht aus Liebe zum anderen passiert, sondern weil mir selber eine friedliche Atmosphäre gerade eben wichtig ist. Meine Eigenliebe steht der Nächstenliebe mitunter im Weg. Aber auch andersherum kann es passieren. Da arbeitet jemand aus Mitleid zum anderen so viel, dass er sich selbst vernachlässigt.
Ich habe mir die Jahreslosung nochmal genauer angeschaut und gemerkt, dass die Liebe nicht zu den Handlungen oder Gefühlen gehört. Die Liebe geschieht- sie ereignet sich. Selbst in der lutherischen Übersetzung dieses Verses heißt es: „All eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.“
Ich muss die Liebe nicht aufbringen, sie wird mir zuteil. Es ist sogar so, dass ich, wie im 1. Kor 13 beschrieben, alles Mögliche tun kann ohne Liebe. Es geht also bei der Jahreslosung nicht um eine Handlungsanweisung.
Was heißt es aber dann?
Die Liebe, die Paulus im ersten Korintherbrief beschreibt, ist göttlich. Sie geht weit über unser Gefühl von Liebe hinaus. Ich lese nochmal ein paar Verse aus 1. Kor.13, 4-10
„die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.“
Paulus redet von der vollkommenen Liebe, die in Gott allein ist. In dieser vollkommenen Liebe hat Gott uns Menschen gemacht, weil er sich selbst verschenken wollte. Jedem von uns hat er einen Teil dieser Liebe ins Herz gegeben. Weil er wusste, dass dies nicht ausreicht, hat er sich in Liebe zu uns Menschen aufgemacht. Ist selber ein Mensch geworden- unser Bruder- unser Gegenüber. Er weiß. Dass wir Menschen nicht die Liebe aufbringen können, so sehr wir uns auch bemühen würden. Wir können nicht alles ertragen, alles glauben alles hoffen, alles dulden. Diese Kraft hat kein Mensch. Aber Gott hat sie. Und manchmal passiert es, dass er sie Menschen schenkt, die sie gerade ganz sehr brauchen.
Gottes Liebe ist viel größer als alles was wir als Menschen je leisten können oder geleistet haben. Deshalb denke ich auch, dass in unserer neuen Jahreslosung eine Gefahr stecken kann. Wenn wir diesen Satz als Auftrag sehen, kann es passieren, dass wir, wie Paulus es schreibt, ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle werden. Wir versuchen uns dann selber gut hinzustellen und aus eigenem Antrieb die Welt gut zu machen.
Das haben schon sehr viele versucht und es ist nicht gelungen.
„Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Gott selbst ist die Liebe.
Wir dürfen uns Gottes Liebe anvertrauen und von ihr leiten lassen. Ich sehe in dem Bild von der Jahreslosung unten ein aufgeklapptes Buch, die Bibel. Es könnten aber auch zwei offene Hände sein.
Gottes Liebe will uns umfangen, uns trösten uns begleiten durch dieses Jahr. Lassen wir uns darauf ein. Amen
Ihre Friederike Knittel
Referentin Diakonische Identität
Telefon: 0171 9279916
friederike.knittel@diakonie-erzgebirge.de